Der Flug von Beijing nach Lhasa überwältigt mich. Immer wieder habe ich Tränen in den Augen. Sitze auf Platz 19A, habe vor ein paar Wochen geistesgegenwärtig bei Opodo 4,50€ für einen Fensterplatz extra berappt. Über den Wolken… strahlende Morgensonne. Das Weiß der Wolken erscheint wie eine Mischung aus Schnee und Vanilleeis… eine Konsistenz wie geschlagener Rahm. Fluffig und gleichzeitig kompakt. Für mich als alte Sahnefreundin durch und durch vertrauenserweckend. Hin und wieder räkeln sich die Gipfel der Himalaya-Riesen selbstbewusst aus diesem Hochgenuss hervor. Ich meine den Everest auszumachen… und fliegen wir nicht gerade um den heiligen Mount Kailash?
Langsam beginnt wir mit dem Sinkflug. Rechts und links türmen sich braun-grüne Bergmassive auf. Von den Wolken dunkel schattenbetupft. Dazwischen erscheint ein breites Flussdelta, der Zusammenfluss vom Yellow,- und Lhasa-River. Und Bäume, deren Blätter bereits Herbstfarben angenommen haben. Leuchtendes Honiggelb und tiefdunkles Mahagoni, hin und wieder noch etwas Grün. Einen Moment hat es den Anschein, als würden wir im Wasser landen, dann taucht rechts die kurze Landebahn auf. Warum habe ich eigentlich keine Angst?
Am Flughafen holt mich mein Guide Tenzin ab. Tenzin legt mir eine weiße Kata, den traditionellen tibetischen Begrüssungsschaal als Symbol für das reine Herz des Überrreichenden um den Hals. Die Kata steht für Glück, Wohlwollen und Mitgefühl. Ohne Guide ist es unmöglich, ein Travel- Permit für Tibet zu bekommen. Immerhin haben ich fast drei Tage „alleine“, bevor ich mich einer Gruppe anschließe um die fast 1500km mit dem Jeep bis nach Kathmandu zu fahren. Den alten Friendship-Highway.
Im Hotel angekommen, sind die verpackten Kekse, die ich in Beijing zum Freundschaftstag bekommen habe zum platzen pummelig. Und meine Shampooflasche zischt beim Öffnen… Lhasa liegt auf fast 3800m Höhe… Die Dusche gibt kein warmes Wasser her, aber zum Glück bin ich Indien- erprobt und mache mir im Wasserkocher Wasser warm, finde im Bad eine Waschschüssel.
Mein Kopf brummt wie ein Treckermotor von der Höhe hier. Bei der Meditation schlafe ich immer wieder ein, was ich diesmal als angenehm empfinde. Zwei Frauen vom Zimmerservice kommen nach kurzem Klopfen unaufgefordert in mein Zimmer. Ich sitze nackt und vor Öl glänzend mitten im Zimmer auf meinem Meditationskissen. Die klassische ayurvedische Tagesroutine eben… Wir begrüssen uns kurz, dann füllen beide seelenruhig mit einem angedeuteten Grinsen im Gesicht die Getränkevorräte auf. Ich bin Ihnen dankbar… etwas mehr Wasser kann nicht schaden… für die Höhenanpassung… hab schon fast 4l getrunken und glucker bei jedem Schritt, gerate fast ins Taumeln, wenn die Wassermassen in mir in Schwung kommen…alles fühlt sich an wie auf See… mir ist übel. Mom schreibt mir in einer SMS, sie ist überglücklich, dass ich es nach fast 2 Jahren Krankheit bis nach Lhasa geschafft habe.
Ich auch!
1 Comments
Hannelore Wiggert
Es liest sch sehr nett die Beschreibung des Ankommens. Ist bestimmt sehr interessant und beeindruckend . HANNELORE